Begegnungen in Ebensee

 

Vom 15. bis 18. Mai war eine Delegation der Stadt Wangen, bestehend aus Stadtrat Karl Laible, Kulturamtsleiter Hermann Spang und Ansgar Friemelt vom  Partnerschaftsverein,  von der oberösterreichischen Marktgemeinde Ebensee zur Feier ihrer zwanzigjährigen Partnerschaft mit Prato eingeladen. Ebensee hat 8.500 Einwohner und liegt am Südende des Traunsees im Salzkammergut.

 


Die  Städtepartnerschaft Ebensees mit Prato ist ein Jahr älter als die zwischen Wangen und Prato  und hängt mit einem dunklen Kapitel der NS-Zeit zusammen. In Ebensee bestand nämlich in den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges  als Außenlager von Mauthausen ein KZ, in dem zeitweilig mehr als 19.000 Zwangsarbeiter riesige Stollen in den Felsen zur versteckten Rüstungsproduktion anlegen mussten. Die unmenschliche Behandlung der Häftlinge, besonders in der letzten Kriegsphase unter einem SS-Obersturmführer  aus Memmingen, führte zu über 8.000 Toten. Von den 135 aus Prato deportierten jungen Männern überlebten nur 20. Weil man sich in Österreich gegenüber der NS-Vergangenheit lange nur in der Opferrolle sah, kam es erst zu Beginn der 80er Jahre zu öffentlichen Gedenkfeiern, und über den Kontakt zu den Überlebenden aus Prato entstand dann 1987/88 die offizielle Städtepartnerschaft.

 

Nachdem Wangen fast gleichzeitig, nämlich 1988/89, eine Städtepartnerschaft mit Prato eingegangen ist und sich die deutsche und die österreichische Delegation jedes Jahr beim Stadtfest in Prato treffen, sind freundschaftliche Beziehungen auch zwischen Wangen und  Ebensee gewachsen. Jetzt, bei ihrem Besuch in Ebensee, sind die Wangener Gäste herzlich umsorgt worden und haben über das breit gestreute Engagement der Bevölkerung bei den Feierlichkeiten gestaunt. Schon am ersten Tag hatte die katholische Jugend eine Art Kreuzweg mit Stationen des Gedenkens vom ehemaligen Lagerplatz zum heute noch erhaltenen Stollen veranstaltet. Die Bilder des Grauens werden  in Erinnerung bleiben ebenso wie die Erzählungen der Überlebenden, die, z. T. noch in Sträflingskleidern, zur alljährlichen Gedenkfeier aus  ganz Europa kommen. Andrerseits  fand die Freude über  die Versöhnung in einem geeinten Europa Ausdruck in einem fröhlichen Freundschaftsabend am letzten Tag. Außerdem haben die Wangener die Gelegenheit genutzt und mit der  Delegation aus Prato die Vorbereitungen zur eigenen Zwanzigjahrfeier in diesem und im nächsten Jahr besprochen. Vom 12. bis 14. September wird dieses Jahr in Prato gefeiert, und Mitte Juli 2009 ist die Gegenfeier in Wangen. Auch Claudio Martini, bei der Unterzeichnung 1988/89 Bürgermeister von Prato und jetzt Ministerpräsident der Toskana, hat zugesagt, 2009 nach Wangen zu kommen.

 


Im Rahmen der Städtepartnerschaft geht es aber nicht nur um Erinnerung, vielmehr sollen aus der Vergangenheit Lehren für die Zukunft gewonnen werden. Deshalb hatten die Ebenseer parallel zur Jubiläumsfeier ein Seminar für Jugendliche organisiert mit dem Titel „Giving Memory a Future“. Jeweils sechs Jugendliche aus der polnischen Stadt Zawiercie, aus Prato, aus Ebensee und vom Wirtschaftsgymnasium Wangen haben eine Woche lang daran teilgenommen. Sie haben sich vor Ort, im Stollen des KZ, an die schrecklichen Geschehnisse  der Vergangenheit heranführen lassen  und dann in Diskussionen, aber auch schreibend, malend und bildnerisch darüber nachgedacht, was heute gegen Hass und Fremdenfeindlichkeit, gegen Vorurteile und Intoleranz getan werden muss. Die alljährlich stattfindende Gedenkfeier zur Befreiung des Lagers durch die Amerikaner war heuer in die Jubiläumsfeierlichkeiten der Partnerschaft eingebunden. Dabei wurden die Arbeiten der Jugendlichen als Bausteine für ein Europa des Friedens vorgestellt.

(A. Friemelt, 21.5.2008)

 

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